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Ein schwieriges Geschenk namens Weihnachten

Lukas Lukas

Geschenke sind für Weihnachten wie die Butter auf dem Brot: Die gehören einfach dazu. Jeder weiss, dass in der Adventszeit damit viel Geld verdient wird. Doch tatsächlich stand das Geschenk — wenn auch ein schwieriges — schon lange vor dem Geschäftsrummel im Mittelpunkt von Weihnachten.

Black friday, der Konsum eskaliert. Und dabei hat noch nicht einmal die Adventszeit begonnen. Ab September geht es schon los mit dem Weihnachtsverkauf. Jeder macht sich lustig darüber, doch fast alle machen mit. Schliesslich geht es ja ums Schenken. Die Geschäfte haben schon lange verstanden, dass Geben bei den Menschen besser ankommt als Nehmen. So ist Weihnachten zu einem Konsumwolf im Benefitschafpelz geworden. Im Sinne von: Ich gebe dir, weil du mir ja auch etwas geben wirst.

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Photo by rawpixel / Unsplash

Das ist vielleicht etwas zu schwarz gemalt. Schliesslich hat das Schenken tatsächlich etwas schönes. Nicht selten ist der Spruch zu hören: "Schenken erst macht wirklich glücklich." Und das Glück der anderen Seite, ein Geschenk zu erhalten, kann ja auch nicht von der Hand gewiesen werden. Am meisten freuen wir uns an Dingen, die wir uns sehnlichst und schon lange wünschen. Doch es gibt für uns auch eine Art von Geschenk, die etwas schwierig ist.

Das schwierige Geschenk

Für eine übergewichtige Person, die darunter leidet, ist es ein sehnlicher Wunsch, abzunehmen. Doch wenn diese Person zu Weihnachten ein Ratgeber zur Gewichtsreduktion geschenkt bekommt, steht sie vor einer unangenehmen Entscheidung: Wenn sie sich bedankt, sagt sie im selben Moment, dass sie dick ist, beziehungsweise, dass sie Hilfe nötig hat. Kurz gesagt: Dieses Geschenk kostet den Stolz. Auch jeder, der schon einmal eine grössere Summe Geld ausgeliehen hat, wird es kennen: Wer zugibt, dass er viel Hilfe braucht, muss seinen Stolz herunterschlucken.

Genau so ein Geschenk wurde den Menschen an Weihnachten gemacht. Jenseits von allem Kaufrummel ist Weihnachten ein Fest der Geschenke, mehr noch, ein Fest des schwierigsten und gleichzeitig hoffnungsvollsten Geschenks, das den Menschen je angeboten wurde. So heisst es im wohl berühmtesten Weihnachtslied "Stille Nacht, Heilige Nacht" in der letzten Strophe:

Stille Nacht, heillige Nacht
Hirten erst kundgemacht!
durch der Engel Halleluja
tönt es laut von fern und nah:
Jesus der Retter ist da!
Jesus der Retter ist da!

Das Lied nimmt Bezug auf eine Stelle in der Weihnachtsgeschichte, wie sie in der Bibel im Lukasevangelium Kapitel 2 geschrieben steht. Als der Engel den Hirten auf dem Felde erschien, sagte er:

Fürchtet euch nicht! Ich verkünde euch eine Botschaft, die das ganze Volk mit großer Freude erfüllen wird: Heute ist für euch in der Stadt, in der schon David geboren wurde, der versprochene Retter zur Welt gekommen. Es ist Jesus, der Herr. Und daran werdet ihr ihn erkennen: Das Kind liegt, in Windeln gewickelt, in einer Futterkrippe!

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Photo by Jaka Škrlep / Unsplash

Der Engel sagt quasi: Als Weihnachtsgeschenk erhaltet ihr Menschen einen Retter. Diese Worte tönen vielleicht herzig und besinnlich. Wer aber länger darüber nachdenkt, entdeckt hier zwei skandalöse Behauptungen:

  1. Wir haben einen Retter nötig.
  2. Dieser Retter ist niemand geringeres als Gottes Sohn.

An Weihnachten wurde den Menschen das Geschenk eines Retters gemacht. Gottes Sohn, Jesus, wurde Mensch, um uns Menschen durch seinen Tod am Kreuz zu retten. Und wie beim Abnehm-Ratgeber wird der Empfänger dieses Geschenkes ebenfalls leer schlucken. Das Geschenk von Weihnachten behauptet nämlich, dass wir Menschen so verloren und unfähig sind, uns selber zu erlösen, dass nichts geringeres als der Tod des Sohn Gottes nötig war, um uns zu retten.

Das heisst, wir Menschen sind nicht dazu fähig, uns zusammenzureissen und ein moralisches und gutes Leben zu führen. Weihnachten sagt: Es steht wirklich schlecht um uns und wir können uns nicht mehr aus dieser Misere befreien. Weihnachten ist also sehr pessmistisch, was die Selbstrettungsversuche der Menschen anbelangt.

Weshalb spricht der Engel also noch von Freude!?

Das hoffnungsvolle Geschenk

Es gibt auch zwei hoffnungsvolle Behauptungen, die in den Worten des Engels liegen:

  1. Dieses Geschenk bereitet allen Menschen grosse Freude.
  2. Wir erfahren mit diesem Geschenk einiges über das Wesen des Schenkers.

Grosse Freude haben wir nur an Geschenken, die eine Antwort sind auf unsere sehnlichsten und tiefsten Wünsche. Und wenn ein ganzes Volk an einem Geschenk grosse Freude hat, wie es der Engel für das Weihnachtsgeschenk behauptet, dann muss dieses Geschenk einen Wunsch erfüllen, den alle Menschen haben. Wir alle wünschen uns doch, dass unser Leben — was wir sind und tun — als bedeutungsvoll bewertet wird, von anderen oder zumindest durch uns selber. Die Strategien hierfür sind verschieden, das Prinzip immer dasselbe: Alle Religionen und selbst individualistische Lebensmodelle fordern, dass du dich mit Leistung oder Moral auf ein bestimmtes Level vorarbeiten musst, damit du dein Leben als bedeutungsvoll erachten kannst.

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Photo by Greyson Joralemon / Unsplash

Doch das Geschenk von Weihnachten sagt: Gott, der Schöpfer des Universums, ist in seine Schöpfung, auf dein Level gekommen, um dir zu zeigen, wie bedeutungsvoll du bist. All dein Versagen, dein "Ungenügend", hat er selber auf sich genommen, damit du wieder mit der Note "sehr gut" dastehen kannst. Der Gott der Bibel ist also einer, der sich nicht zu schade ist, klein wie ein Baby zu werden und zu sterben wie ein Verbrecher, nur um dir zu sagen, wie sehr er dich wertschätzt. Das Geschenk von Weihnachten behauptet: Du brauchst nicht mehr darum zu kämpfen, bedeutungsvoll zu sein. Du bist bedeutungsvoll, weil dich das bedeutungsvollste Wesen des Universums so sehr liebt, dass es all dein Versagen zu seinem eigenen gemacht hat, was ihm das Leben gekostet hat. Zum Glück hat es auch den Tod besiegt und es ist heute möglich, diese Freude mit ihm zu teilen.

Kommt da nicht Freude auf? Jetzt, wo das Geschenk geöffnet ist, stellt sich uns nur noch die Frage, wie wir sie früher von Mama am Weihnachtsfest öfters gehört haben: "Hast du schon danke gesagt?"

Ein schwieriges Geschenk namens Weihnachten
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