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Zehn Worte für ein Hallelujah (Teil 4)

Emanuel Hunziker Emanuel Hunziker

Die Hauptsache ist, dass die Hauptsache die Hauptsache bleibt. Dafür bin ich in meinem Leben selbst zuständig. Es lebe die Eigenverantwortung.

6. Warte auf den Herrn

Ich warte nicht gern. Ich erwarte die sofortige Befriedigung meiner Bedürfnisse. Alles per Knopfdruck. Heute bestellt, morgen geliefert. Auf Pump, versteht sich. Die Industrialisierung, Globalisierung und Digitalisierung hat unser Verhalten nachhaltig konditioniert. Weg-Swipen. Runter-Scrollen. An-Klicken. Schöne neue Welt. Äusserst nervenaufreibend, wenn ich mal warten muss.

Es mag sein, dass selbst junge Leute matt und müde werden und junge Männer völlig zusammenbrechen, doch die, die auf den Herrn warten, gewinnen neue Kraft. Sie schwingen sich nach oben wie die Adler. Sie laufen schnell, ohne zu ermüden. Sie gehen und werden nicht matt. Jesaja 40,30f

Auf den Herrn warten bedeutet auch: Auf den Herrn hoffen. Auf den Herrn vertrauen. Warten hat mit Vertrauen zu tun. Geschieht alles zu MEINER Zeit? Oder zu SEINER Zeit?

Dass du mich so durch und durch kennst, das übersteigt meinen Verstand; es ist mir zu hoch, ich kann es nicht fassen. Psalm 139,6

Weil Gott mich besser kennt, als ich mich selbst, weiss er auch, wann die Zeit für mich gekommen ist. Beten bedeutet daher nicht so sehr, Gott meine Sicht der Dinge kund zu tun und ihn von meinen Plänen zu überzeugen. Es ist gerade umgekehrt. Gebet bedeutet, mich in Gottes Plan für mein Leben einzuklinken und mich nach seinem Zeitplan auszurichten. Und somit landen wir direkt beim Wort sieben.

7. Weisheit erbitten

Wenn ich heute eine Frage oder ein Problem habe, tippe ich sie als erstes bei Google ein. Das war aber nicht immer so. Die Digitalisierung hat meine Verhaltensmuster grundlegend verändert. Was Google nicht kann: Weisheit vermitteln. Auf die Frage, wie man weise werden kann, antwortete die Psychologin Prof. Dr. Ute Kunzmann in einem Interview mit der Zeit Online:

Nur Bücher zu lesen reicht nicht, Weisheit ist immer erfahrungsbezogen. Gerade in Krisen haben wir die Chance, Wissen zu gewinnen. Dazu brauchen wir eine Toleranz für negative Erlebnisse und die Fähigkeit, diesen einen Sinn zu geben. Viele Menschen leben angepasst, erfüllen ihre Pflichten, fügen sich in eine gegebene Situation ein und sind damit zufrieden. Andere wollen mehr verstehen, über das Gegebene hinausgehen, sich erweitern und etwas gestalten.

Den Standart durchbrechen, anstatt die gegebenen Umständen als unveränderlich hinzunehmen. Ganz nach John Maxwell, der schreibt:

Die meisten Menschen führen ihr Leben nicht. Sie akzeptieren ihr Leben. Wenn du dein Leben gut führen willst, beginnt alles mit deinen Gedanken.

Den Status Quo zuerst in den Gedanken durchbrechen. Mehr verstehen wollen. Sich erweitern und etwas gestalten. Da hilft nur eines: Bei dem anklopfen, der alle Dinge gestaltet und erweitert hat.

Alle Weisheit beginnt damit, dass man Ehrfurcht vor dem HERRN hat. Den heiligen Gott kennen, das ist Einsicht! Sprüche 9,10

Wenn es irgendeinem von euch an Weisheit fehlt, dann soll er Gott darum bitten. Der gibt allen gern und macht niemandem Vorwürfe. So wird ihm diese Weisheit geschenkt werden. Jakobus 1,5

Venice Beach, 2018.
Photo by Tom Morbey / Unsplash

8. Wertschätze den Schmerz

Schmerzen sind Signale. Schmerzen weisen uns auf etwas hin. Auch darüber habe ich schon mal einen ganzen Artikel geschrieben. Physische und seelische Schmerzen kann man zwar betäuben, aber die Strategie der reinen Symptombekämpfung ist auf Dauer gefährlich. Das wird bei der chronischen Infektionskrankheit Lepra auf erschütternde Weise deutlich.

Bei dieser Krankheit sterben die Nerven ab und die Gefäße der Arterien und Venen verstopfen durch eine Verdickung des Blutes. Die Betroffenen verlieren meist das Gefühl für Kälte, Wärme und auch Schmerz. Ohne Behandlung verletzen sich die Patienten oft unbemerkt und infizieren sich über die Wunden an lebensgefährlichen Krankheiten. Da die Erkrankten keine Schmerzen spüren, werden Wunden oft unbehandelt gelassen, und durch Entzündungen können diese Körperbereiche absterben. Wikipedia

Ich weiss es mittlerweile auch aus eigener Erfahrung: Meine grösste Limitation ist nicht der Schmerz selbst. Meine grösste Limitation ist mein Unwille, mich dem Schmerz zu stellen und mich mit dem zu befassen, worauf er mich hinweist. Warum tue ich mich so schwer, mich dem Schmerz zu stellen? Da sind all die unerfüllten Erwartungen ans Leben, an meine Mitmenschen und an Gott. Da gibt es Enttäuschungen und Misserfolge. Da finden sich seelische Verletzungen und ein paar ganz unschöne Szenen in meinem Leben. Da gab es Brüche und Zusammenbrüche.

Doch all diese schmerzhaften Erfahrungen und bleibenden Narben haben Gott nicht daran gehindert mit mir vorwärts zu gehen. Er hält trotz allem an seiner Bestimmung fest, für die er mich erschaffen hat. Gerade all die schmerzhaften Erlebnisse haben mich durch Gottes Gnade zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Gott selbst hat mich durch sie geformt, zurechtgestutzt und stärker gemacht. Rückblickend darf ich erkennen: Der Schmerz ist nichts weiter als Gottes Werkzeug, mit dem er seine Gnade in meinem Leben entfaltet. Es ist das Skalpell eines Meisterchirurgen, der eine lebensrettende Operation an mir vollzieht. Er weiss, was er tut. Und er tut es aus Liebe und Fürsorge, weil er ein guter Vater ist.

C.S.Lewis hat es in seinem Buch "Über den Schmerz" so formuliert:

Gott flüstert in unseren Freuden, er spricht in unserem Gewissen; in unseren Schmerzen aber ruft er laut. Sie sind sein Megaphon, eine taube Welt aufzuwecken.

9. Wasser statt Zucker

Ich darf in einem Land wohnen, in dem ich das qualitativ beste Wasser direkt aus dem Wasserhahn trinken kann. Ich lebe sozusagen direkt an der Quelle. Wasser bedeutet Leben. Darum nennt man die Erde auch den blauen Planeten.

Und wie steht es mit meinem Körper? Wer wie ich schon einmal versucht hat, sich ganz ohne Zucker zu ernhähren, der kennt das Problem. Extrem viele Lebensmittel werden mit zusätzlichem Zucker versetzt. Wieviel ist Geschmackssache, oft kulturbedingt. Das ändert von Land zu Land, Marktforschung sei Dank.

Zucker ist nichts Schlechtes. Mit dem Erlangen von etwas Weisheit (siehe Wort sieben), musste ich jedoch unweigerlich feststellen: Ich habe es mir angewohnt, mein Durstgefühl mit Zucker statt Wasser zu stillen. Im besten Fall wars Zuckerwasser. Im schlechtesten Fall nur Zucker.

Dieses Verhaltensmuster wurde mir zu einer Metapher für so vieles in meinem Leben. Meine Veranlagung, den seelischen Durst nicht mit frischen Lebenswasser zu stillen, sondern nur zu betäuben. Wie schnell konsumiere ich eine YouTube-Zuckerwatte, statt mich meinem seelischen Durst zu stellen und die Prioritäten im Alltag so zu ordnen, dass meine durstige Seele stets genügend Wasser bekommt?

Die aktuelle Währung der Welt lautet Aufmerksamkeit. Man spricht mittlerweile von der Aufmerksamkeits-Ökonomie. Da liegt das Geld. Alle buhlen darum. Doch die Unterhaltungsindustrie kann nicht halten, was sie verspricht: Glück und Zufriedenheit. Denn unsere Seele wurde für die Beziehung mit Gott erschaffen. Nur er kann ihren Durst stillen, wie es David so treffend ausdrückte:

Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir. Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Wann werde ich dahin kommen, dass ich Gottes Angesicht schaue? Psalm 42,2-3


Photo by Nadine Shaabana / Unsplash

10. Willkommen im Leben

Der versöhnliche Abschluss meines persönlichen Dekalogs. Lange fühlte ich mich nicht willkommen im Leben. Das Leben hat seine Schwere und Härte. Äusserlich gehöre ich zu den Hochprivilegierten. Ein behütetes Elternhaus. Eine gute Schul- und Berufsbildung. Sichere Infrastruktur. Stabile politische Lage. Das wurde mir geschenkt. Dafür bin ich von Herzen dankbar.

Warum fühlte ich mich trotzdem nicht willkommen im Leben? Wie immer ist die Antwort vielschichtig. Ein entscheidender Aspekt darin: Dazu gehören. Das war bei mir immer umkämpft. Ich kämpfte regelrecht darum und musste aber immer wieder feststellen: Auch die wärmste Zugehörigkeit im Aussen kann meine Einsamkeit im Innen nicht stillen. Meine innere Kälte bleibt. Der Grund? Perfektionismus. Auch darüber schrieb ich schon drei Artikel. Raphael Bonelli beschreibt das Problem folgendermassen:

Perfektionismus bedeutet nicht, dass Menschen Dinge gut machen, sondern dass Menschen panische Angst haben, dass sie nicht gut genug sind. Sie glauben, sie seien nicht mehr liebenswert, wenn sie einen Fehler machen.

Perfektionismus ist ein Denkfehler, der langsam zu einem Lebensgefühl wird, mit einem zunehmenden inneren Druck zu leisten, bei gleichzeitig abnehmender Lebenszufriedenheit.

Dieser Denkfehler verhindert jegliches Zugehörigkeitsgefühl. Als ich das erkannte, gingen mir so einige Leuchter auf. Ich konnte meine Vergangenheit aus einer neuen Perspektive sehen und auf neuer Grundlage interpretieren. Es lag nicht an meinem Umfeld, dass ich mich nicht willkommen fühlte. Das Problem lag in mir drin. Meine Denke hatte einen Knacks. Was kann man dagegen tun? Paulus von Tarsus schreibt:

Und richtet euch nicht nach den Maßstäben dieser Welt, sondern lasst die Art und Weise, wie ihr denkt, von Gott erneuern und euch dadurch umgestalten, sodass ihr prüfen könnt, ob etwas Gottes Wille ist – ob es gut ist, ob es Gott gefallen würde und ob es zum Ziel führt! Römer 12,2

Raphael Bonelli schreibt dazu:

»Tu, was du sollst, und sei ganz in dem, was du tust«, ist eine klassische Handlungsanleitung, die eine starke Präsenz im Hier und Jetzt fordert, nachdem eine vernünftige Priorisierung geschehen ist.

Was soll ich denn jetzt tun? Seit ein paar Monaten beantworte ich diese Frage ganz neu mit Überzeugung: Jesus nachfolgen. Das bedeutet zuallererst: Bei Jesus sein.

Bleibt ganz eng mit mir verbunden, so wie ich ja auch in euch bleibe! Eine Weinrebe kann aus sich selbst heraus keine Trauben hervorbringen. Das geht nur, wenn sie mit dem Weinstock verbunden bleibt. So ist es auch bei euch: Ihr könnt nur dann etwas bewirken, wenn ihr fest mit mir verbunden seid. Johannes 15,4

Willkommen im Leben mit Jesus. Willkommen im Leben, das aus Jesus fliesst. Willkommen in der engen Verbingung mit dem, der dich nie verlässt, weil er den Tod besiegte. Willkommen im Leben mit dem König der Könige, der dich an seiner Tafel mitfeiern lässt, aus reiner Liebe und Barmherzigkeit.

Geliebt zu werden, ohne gekannt zu werden, ist nett, aber oberflächlich. Gekannt zu werden, ohne geliebt zu werden, ist unsere größte Furcht. Doch gekannt und geliebt zu werden ist, wie Gott liebt. Das brauchen wir mehr als alles andere. Tim Keller


Zehn Worte für ein Hallelujah (Teil 4)
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