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Identität (Teil 9)

Emanuel Hunziker Emanuel Hunziker

Wie funktioniert eine intakte Jesus-Identität? Grad vorneweg: Niemand hat sie in Perfektion. Wir leben täglich aus Gnade.

Nicht perfekt

John Newton, der Lieder wie Amazing Grace dichtete, schreibt in einem seiner Briefe:

Alle Christen, die Jesus nachfolgen und seinen Auftrag ausführen, sind wie Menschen, die im Regen arbeiten. Auch wenn du Hut, Stiefel und Regenmantel anziehst – du wirst früher oder später nass werden, egal wie sehr du das verhindern willst.

Unser Umfeld prägt und beeinflusst uns. Wir sind Kinder unserer Zeit. Wenn du ohne Regenkleidung rausrennst, wirst du «pflotschnass», erkältest dich oder holst dir gar eine Lungenentzündung. Wenn du gar nicht raus gehst, wird die Arbeit nicht gemacht sein. Es gibt keinen Weg daran vorbei, in dieser Welt zu leben und von dieser Welt und ihrer Kultur und Identitätsbildung ein Stück weit beeinflusst zu werden. Dieses Spannungsfeld lässt sich nicht auflösen.

Trotzdem fragst du dich vielleicht: Wenn du Gott bestimmen lässt, wer und wie wertvoll du bist, und deine Anerkennung bei ihm und seiner Liebe für Dich holst, warum kommt es dann immer noch vor, dass du lügst? Warum kannst du immer noch nicht gut mit Kritik umgehen? Warum hast du unkontrollierte Begrierden in deinem Leben?

Die Antwort lautet: Es gibt keine perfekte Evangeliums-Identität. Niemand hat sie. Warum? Weil wir alle im Regen stehen und nicht verhindern können, dabei nass zu werden. Darum hat jeder Nachfolger von Jesus die alte Identität und die neue Identität in Christus in einem gewissen Verhältnis und Entwicklungsstadium. Der Apostel Paulus schreibt:

Dann wurdet ihr aber auch gelehrt, nicht mehr so weiterzuleben, wie ihr bis dahin gelebt habt, sondern den alten Menschen abzulegen, der seinen trügerischen Begierden nachgibt und sich damit selbst ins Verderben stürzt. Und ihr wurdet gelehrt, euch in eurem Geist und in eurem Denken erneuern zu lassen und den neuen Menschen anzuziehen, der nach Gottes Bild erschaffen ist und dessen Kennzeichen Gerechtigkeit und Heiligkeit sind, die sich auf die Wahrheit gründen. (Epheser 4,22)

Der Prozess deiner Identitätsfindung in Jesus Christus ist dementsprechend nichts anderes, als das aktive Ablegen deiner alten Identität und das entschlossene Anziehen deiner neuen Identität, wodurch die verschiedenen Anteile und Schichten deiner Identität gemäss Christus neu geordnet werden.

Wenn du dein Selbstbewusstsein, deinen Selbstwert und deine Anerkennung von Jesus her ableitest, ordnen sich alle anderen Identitätsaspekte von selber neu. (Tim Keller)

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Photo by Allef Vinicius / Unsplash

Jesus nachfolgen

Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, wird es finden. (Matthäus 16,25)

Der Lehrmeister Jesus sagt es seinen Lehrlingen klar und deutlich: Du musst dich selber verlieren, um dich selber zu finden. Klingt nicht gerade zeitgemäss. Und doch stimmt es, du findest dich selbst, indem du dich an Jesus verlierst. Das ist die Bedeutung von "Jesus nachfolgen".

Wer Jesus nachfolgen will, muss sein Leben auf die folgenden 3 Lebensziele ausrichten: Bei Jesus sein, wie Jesus werden und tun, was Jesus tat. (John Mark Comer)

Jesus ruft dich zu sich mit der Einladung "Lerne von mir". Er ruft dich in eine Lehrmeister-Lehrlings Beziehung. Es geht darum, Zeit mit dem Meister zu verbringen, von ihm zu lernen und immer mehr so zu werden wie er, mit dem Ziel, nicht nur zu tun, was der Meister tut, sondern in der Art und Weise zu leben, wie er lebt. Das funktioniert nur, wenn du ihm erlaubst, deine Identität zu formen und zu prägen, in sein Ebenbild. Jesus formuliert das folgendermassen:

Kommt zu mir! Alle, die ihr am Ende seid, abgearbeitet und mutlos: Ich will euch Erholung und neue Kraft schenken. Lebt im Einklang mit mir und lernt von mir! Denn ich bin voller Sanftmut gegenüber allen und bin geprägt von wahrer Demut. Wenn ihr mich zum Vorbild nehmt, wird euer ganzes Leben zur Ruhe kommen. Wenn ihr mit mir im Gleichklang lebt, könnt ihr aufblühen. Die Lasten, die ich euch zu tragen gebe, sind leicht.

Berufung

Denn was wir sind, ist Gottes Werk; er hat uns durch Jesus Christus dazu geschaffen, das zu tun, was gut und richtig ist. Gott hat alles, was wir tun sollen, vorbereitet; an uns ist es nun, das Vorbereitete auszuführen. (Epheser 2,10)

Wenn du Jesus nachfolgst, hast du eine Anzahl an Gaben und Talenten und Dingen, die nur du tun kannst. Wenn Paulus also sagt, Gott hat gute Werke vorbereitet für uns zu tun, dann sagt er u.a. auch Folgendes:

Gott wird dir dein Leben lang deine Einzigartigkeit zeigen. Denn es gibt gewisse Dinge, die nur du tun kannst. Es gibt gewisse Hände, die nur du halten kannst. Es gibt Leute in deinem Umfeld, denen nur du helfen kannst. Es gibt gewisse Herzen, die nur du öffnen kannst, aufgrund deiner Fähigkeiten, deiner Einzigartigkeit, deiner Volkszugehörigkeit (Ethnie), deines Geschlechts, deiner Erfahrung. (Tim Keller)

Es braucht dein ganzes Leben lang, um herauszufinden, was Gott alles durch dich bewirken will und zu was er dich ausgerüstet hat.

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Photo by Allef Vinicius / Unsplash

Gotteskind

Aber allen, die ihn willkommen hießen, denen übertrug er Vollmacht. So wurden sie zu Kindern Gottes. Das sind die, die ganz und gar auf ihn vertrauen. Seinen Namen haben sie über ihr Leben gesetzt. Sie sind nicht geboren auf natürliche Weise, nicht entstanden aus fleischlichem oder menschlichem Wollen. Aus Gott geboren sind sie. (Johannes 1,12f)

Hier geht es um deine Identität, deine Herkunft, deine Abstammung, dein Recht, dein Erbe und deine Möglichkeiten. Du erhältst einen neuen Namen: «Gotteskind». Darum taufen wir Menschen auf den «Namen» von Vater, Sohn und Heiligem Geist. Das ist ein Wechsel der Identität! Wir rufen den Getauften in einen Identitäts-Wechsel. Wer seinen Namen ändert, ändert seine Identität! Du gehörst nicht mehr dir selbst, sondern Jesus Christus.

Es gibt noch viele weitere Bilder, Metaphern und Geschichten in der Bibel, die diesen zentralen Identitäts-Formierungsprozess skizzieren und beschreiben. Doch wie setzen wir das heute um, in unserer digitalisierten, konsumorientierten 24/7 Gesellschaft?

Darüber mehr im nächsten Teil!

Identität (Teil 9)
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