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Guter Rat ist teuer

Emanuel Hunziker Emanuel Hunziker

Die Zeiten wenden sich. Epochen brechen und Perioden enden. In der Nebelsuppe der momentanen Ereignisse ist guter Rat teuer: Er kostet unsere Komfortzone.

In Bewegung

Ein bewegtes Jahr liegt hinter uns. Besser gesagt: Bewegte Jahre. Nach einer jahrzehntelangen Periode der Kontinuität und Planbarkeit in der westlichen Welt, schlittern wir regelrecht unkontrolliert durch die Nebelsuppe der sich überschlagenden Ereignisse unserer Zeit. Zumindest fühlt es sich so an. Diffuse Ängste peitschen unsere Seelen auf der Suche nach Halt und Sicherheit. Auf was und wen kann man sich noch verlassen? Warum sich festlegen, wenn's am Ende doch anders kommt?

Kurzfristigkeit und Unverbindlichkeit nehmen rasant zu. Künstler brechen ihre Konzerttourneen ab, weil die Ticket-Vorverkäufe stagnieren, während die Eventkosten explodieren. Der grosse Schnee blieb bisher aus, die Skigebiete bangen um ihre Existenz. Der Krieg in der Ukraine dauert schon bald ein Jahr und kein Ende in Sicht. China probt die Invasion Taiwans und Nordkorea bastelt Bomben.

Der Fachkräftemangel spitzt sich drastisch zu. Auf Platz 1 in allen Landesteilen: Pflegefachkräfte. Der Markt ist trocken. Die Berufsbedingungen schwierig. Der Nachwuchs zwar vorhanden, aber auch schnell wieder weg, wenn's ihnen zu bunt wird.

Die selbstlos dienende Baby-Boomer Generation kommt in die Jahre und verschwindet zunehmend aus den Institutionen. Langweilige Vorstandsarbeit in einem Verein leisten und Probleme lösen? Nein danke! Das tut sich die GenXYZ-ler nicht mehr an. Viele Vereine und Institutionen werden sich in den kommenden 10-15 Jahren auflösen, weil der Nachwuchs fehlt. So auch Kirchengemeinden.

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Photo by Mateusz Klein / Unsplash

Übergänge

Wir stehen an einer Schwelle zu einer neuen Epoche. Wir befinden uns in der Grauzone des Übergangs. Die alte Epoche ist noch nicht zu Ende, während die neue Epoche schon angebrochen ist. Wir erlebten seit dem Ende des kalten Krieges weltgeschichtlich einzigartig sichere Zeiten, mit klar erkennbaren Hierarchien, Narrativen, Kommunikationswegen, Lebensstilen und Institutionen. Wir befinden uns in einer unvorhersehbaren Übergangsphase. Die Schutz- und Sicherheit gebende Struktur der vergangenen Jahrzehnte bröckelt.

Die Globalisierung und Digitalisierung haben unser Verhalten grundlegend verändert. Die Möglichkeiten des Internets bewirken eine Dezentralisierung von Informationen. Die digitalen Netzwerke sind allgegenwärtig geworden und formen unsere Werte, Meinungen und Weltsicht. Zentralisierte, hierarchische Institutionen verlieren zunehmend an Macht. Sie werden von neuen, rasant wachsenden Netzwerken untergraben und ausgehöhlt. Es entstehen neue Netzwerk-Hubs, bei denen viele Netzwerkverbindungen zusammenlaufen. Systemkritiker in China und dem Iran vernetzen sich über Plattformen sozialer Medien um den Widerstand zu organisieren.

Die Bibel berichtet von zahlreichen Begebenheiten epochaler Übergänge. Von Menschen, die Möglichkeiten sehen und solchen, die am Vergangenen festhalten. Von Tapferkeit und Mut, die aus dem Fokus auf Gottes Zusagen entstehen, aber auch von Angst oder Übermut aus Mangel an Vision. In jeder Übergangsphase muss eine Entscheidung gefällt werden: Am Bisherigen festhalten oder sich nach dem Neuen ausstrecken. Der Gott Israels offenbarte sich immer wieder aufs Neue als einer, der das Unmögliche möglich macht, einen Weg bahnt, wo keiner ist.

Denkt nicht mehr daran, was war und grübelt nicht mehr über das Vergangene. Seht hin; ich mache etwas Neues; schon keimt es auf. Seht ihr es nicht? Ich bahne einen Weg durch die Wüste und lasse Flüsse in der Einöde entstehen. (Jesaja 43,18f)

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Photo by Mateusz Klein / Unsplash

Das Verlockende an der Vergangenheit ist die Tatsache, dass wir sie schon hinter uns haben und darum reflektieren und einordnen können. Wir leben das Leben vorwärts, aber verstehen es oft erst im Rückblick. Darum fällt es immer wieder schwer, sich von der Vergangenheit zu lösen, weil die Zukunft für uns relativ unberechenbar und undurchsichtig ist. Erfahrungswerte sind wertvoll, können aber auch täuschen, weil sich die Welt rasant weiterentwickelt.

Das löst Ängste aus, nicht zuletzt auch bei jungen Menschen. An wem kann man sich noch orientieren? An was kann man sich noch festhalten? Was heute zählt kann morgen schon Schnee von gestern sein. Gott hat sich in der Weltgeschichte immer wieder als ein Gott offenbart und gezeigt, der dann in Aktion tritt, wenn alles andere hoffnungslos und aussichtslos scheint.

Angst verhindert Wachstum

Angst verhindert jeglichen Wachstumsprozess. Angst gibt schlechten Rat und lähmt. Gott mutet uns Herausforderungen zu, damit wir an ihnen wachsen. Situationen und Umstände in denen es kein Zurück mehr gibt. Nur noch ab durch die Mitte. Mitten hindurch, bis das Licht am Ende des Tunnels grösser und heller wird. Dabei lernen wir unweigerlich dazu. Wir müssen. Es geht nicht ohne.

Heute geht so vieles per Knopfdruck. Ein Klick, ein Swipe und schon ist die Maschinerie in Bewegung gesetzt. Die Heizung heizt, der Laden liefert, die Glotze flimmert. Das prägt uns mit der Erkenntnis, dass Veränderung in Gang gesetzt werden kann, ohne dass wir uns dabei verändern müssen. Möglichst viel Ertrag mit möglichst wenig Einsatz. Was macht das mit uns? Wir verkümmern innerlich und werden träge und faul. Wir stagnieren und degenerieren. Dabei sind wir zum Leben berufen und für die Freiheit befreit!

Die Weigerung sich weiterzuentwickeln ist eine Definition von Sünde. Liebe hingegen lernt kontinuierlich dazu. Sie haftet nicht ängstlich an sich selbst, sondern sieht ihren Sinn in der Zuneigung zum Gegenüber. Liebe stärkt und beschleunigt das Wachstum und die Weiterentwicklung unserer Seele. In der Liebe zu Gott finden wir den Mut und die Tapferkeit, die wir nötig haben.

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Photo by Mateusz Klein / Unsplash

Fünf Ermutigungen für Zeiten des Übergangs

Josua, der Nachfolger von Mose, befand sich mit dem Volk Israel in einer Zeitenwende sondergleichen. Nach 400 Jahren Sklaverei und 40 Jahren Wüstenwanderung war es endlich soweit: Das Land, welches ihrem Glaubensvater Abraham von Gott versprochen war, stand ihnen offen. Doch der Überheld Mose, der bisher alles regelte war gestorben. Wie sollte es nun weitergehen? Mose hatte seinen Nachfolger eigenhändig eingesetzt, bevor er das Zeitliche segnete. Aber vom selben Kaliber wie Mose war der ja dann doch nicht. Das wusste auch Josua selbst. Doch dann sprach Gott persönlich zu Josua.

1. Gott geht weiter mit der nächsten Generation

Als Mose gestorben war, sprach der HERR zu Josua, dem Sohn von Nun, der Mose bei seinen Aufgaben geholfen hatte: »Mein Diener Mose ist tot. Nun wirst du Israel führen! Befiehl dem Volk, sich für den Aufbruch fertigzumachen. Ihr alle werdet den Jordan überqueren und in das Land ziehen, das ich euch gebe.

Gott ist ein Gott der Generationen. Gott bleibt nicht stehen, sondern geht mit jeder Generation vorwärts. Wir Menschen tendieren stark dazu, Gottes Wirken in einer bestimmten Generation zu idealisieren und verabsolutieren. Und natürlich hat Gott durch Mose Dinge bewirkt, wie durch keinen anderen. Doch was nützen die Taten Mose, wenn Josua nicht weitermacht? Wozu die Wüstenwanderung, wenn niemand den Mut aufbringt, das verheissene Land einzunehmen? Gott geht weiter mit jeder Generation. Gehen wir mit?

2. Gott hält seine Zusagen

Jedes Gebiet, das ihr betretet, gehört euch. Das habe ich schon Mose versprochen. Euer Land wird von der Wüste im Süden bis zum Libanon im Norden reichen und vom Euphrat im Osten bis zum Mittelmeer im Westen; das ganze Gebiet der Hetiter wird euch gehören.

Gott löst seine Versprechen ein. Wann er das tut, liegt ganz bei ihm. Mose erlebte es nicht mehr. Er schaute vom Himmel her zu, wie Gott sein Versprechen in der nächsten Generation einlöste. Josua erbte die Zusage von Mose. Wenn Gott ein Versprechen gibt, löst er es auch ein. Rechnen wir damit?

3. Gott lässt dich nicht im Stich

Dein Leben lang wird niemand dir standhalten können. Denn ich bin bei dir, so wie ich bei Mose gewesen bin. Ich lasse dich nicht im Stich, nie wende ich mich von dir ab. Sei mutig und stark! Denn du wirst das Land einnehmen, das ich euren Vorfahren versprochen habe, und wirst es den Israeliten geben.

Alles was Josua tun musste, war seine Füsse vorwärtszubewegen und das Land einzunehmen. Was konnte ihn daran hindern? Angst, Mutlosigkeit und Unentschlossenheit. Sonst nichts. Gott wusste das. Darum versicherte er Josua seine absolute Loyalität. Gott kannte Josuas Herz. Er wusste um seine Besonnenheit und Rechtschaffenheit. Sein Hunger nach Gott und das Suchen von Gottes Gegenwart, dass Josua von Mose gelernt hatte. An dem konnte es nicht scheitern. Doch Josua war noch nie zuvor Hauptleiter. Er hatte immer Mose über sich. Das Volk stand zwar voll hinter ihm und war bereit ihm zu folgen wie Mose. Doch was ging in Josua selbst vor sich? Die Fussstapfen von Mose waren übergross. Das Land Kanaan unerforscht. Was Josua brauchte, war das direkte Reden Gottes. Und Gott sprach direkt mit Josua. Hören wir auf Gottes Reden zu uns?

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Photo by Mateusz Klein / Unsplash

4. Gottes Ordnung ist dein Kompass

Halte dich mutig und entschlossen an das ganze Gesetz, das dir mein Diener Mose gegeben hat. Weiche kein Stück davon ab! Dann wirst du bei allem, was du tust, Erfolg haben. Sag dir die Gebote immer wieder auf! Denke Tag und Nacht über sie nach, damit du dein Leben ganz nach ihnen ausrichtest. Dann wird dir alles gelingen, was du dir vornimmst.

Gott sprach in dieser Zeitenwende direkt zu Josua. Alles andere war im Gesetz Mose niedergeschrieben. Gott erinnerte Josua an diesen Schatz und die Pflicht, sich daran zu halten. Sein Erfolg hing davon ab. Gott befahl Josua nicht nur, was er tun soll, sondern auch wie. Sich konsequent an das Gesetz Gottes halten braucht Mut und Entschlossenheit. Josua soll sich darin üben, das Gesetz mündlich zu repetieren und ununterbrochen darüber nachzudenken, damit kein anderer Kompass das Herz Josuas erobern und Gottes Mission sabotieren kann. Der Rest ist Beilage und kommt von selbst. Denken wir über Gottes Ordnung nach?

5. Gott steht dir bei

Ja, ich sage es noch einmal: Sei mutig und entschlossen! Lass dich nicht einschüchtern und hab keine Angst! Denn ich, der HERR, dein Gott, stehe dir bei, wohin du auch gehst.«

"Keine Angst haben" will geübt sein. Oder verlieren wir die Angst nur deshalb, weil jemand sagt: "Hab keine Angst!"? Nun, kommt darauf an, wer es sagt. Josua wurde von Gott persönlich gebrieft, bevor er seine Mission startete. Wie ein Trainier, der den Captain seiner Mannschaft beiseite nimmt und ihm nochmals einschärft, wohin er den Fokus richten soll. Josua hat eine unerschütterliche Grundlage, um mutig und entschlossen zu sein. Er kann den einschüchternden Begebenheiten tapfer entgegentreten und muss sich nicht fürchten vor dem unbekannten und unberechenbaren Weg, der vor ihm liegt: »Denn ich, der HERR, dein Gott, stehe dir bei, wohin du auch gehst.«

Die Zeiten wenden sich, Epochen brechen und Perioden enden. Die chaotische Übergangsphase dauert weiter an und fordert eine klare Orientierung durch eine himmlische Perspektive. Gott formt Leiterpersönlichkeiten in der Wildnis, wo es keine Sicherheit gibt. Für Josua wurde Gott selbst zur Sicherheit.

Erst wenn Gott alles ist, was du noch hast, realisierst du, dass Gott alles ist, was du brauchst.

Guter Rat ist teuer
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