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Wir sollten über Königtum reden (Teil 1)

Ramon Baumann Ramon Baumann

Ihre Majestät Queen Elisabeth II Regina feiert heuer ihr Platinum Jubilee auf dem Thron des Vereinigten Königreichs und seines Commonwealths. Und damit stellt sich die Frage, was es denn mit der Monarchie als Regierungsform auf sich hat, dass sie die Menschen weiterhin so fasziniert?

Zugegeben: Königshäuser sind heutzutage nichts mehr als eine blosse Randerscheinung und höchstens noch willkommenes Futter für den Boulevard, doch geht es in diesem Artikel nicht um Homestorys und Skandale aus der Klatschpresse, sondern darum, dass ein Mensch überhaupt ein Überhaupt sein kann oder darf (entschuldigt den Kalauer), oder in diesem Fall: Eine Regentin erster Güte.

Her Majesty’s a Pretty Nice Girl…

Denn sogar die eingefleischtesten Kritiker der Royals müssen es mittlerweile unumwunden (wenn auch zähneknirschend) eingestehen und vor der Queen schweren Herzens den Hut ziehen: Diese beeindruckende Leistung einer siebzig Jahre fortwährenden Regentschaft ohne Fehl und Tadel (von ein paar wenigen innerfamiliären Ausnahmen abgesehen) sucht — sogar in unserem postaufgeklärten und postmodernen Zeitalter —weltweit ihresgleichen.

Das Phänomen der Königs- und Kaiserhäuser in der Menschheitsgeschichte lässt niemanden unberührt: Dass ganze Völker einen Menschen auf eine solche Position hieven und bereit sind, diesem (oder dieser) eine solche Machtfülle zuzugestehen, bleibt ein Faszinosum des gesellschaftlichen Zusammenlebens auf diesem Planeten — unzählige Bücher wurden zum Thema geschrieben und eine Unmenge an Filmmetern darüber abgewickelt. Wir kommen nicht darum herum, festzustellen: Es scheint, dass der Mensch letzten Endes regiert werden will. Die Frage bleibt bloss: Von wem?

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Photo by Jeremy Bezanger / Unsplash

Wir Eidgenossen und die Crux mit der Monarchie

Beim Wort «Alleinherrschaft» sträuben sich bei uns Schweizer Bürger*innen natürlich sämtliche Nackenhaare (falls vorhanden), oder wir entwickeln sonst etwelche allergische Reaktionen — bis hin zu Symptomen wie Freiheitstrychlen.

Wir, die wir es bravourös geschafft haben, seit über 700 Jahren allen Avancen der Habs- und anderer abartigen Burgersorten getrotzt zu haben mit der Landsgmäänd auf dem Rütli als Urgebilde einer basisdemokratischen Regierungsform — wie um Gottes Willen können sich da andere Erdenbürger von nur einer Person etwas sagen lassen, geschweige denn diese als Oberhaupt anerkennen?

Unsere Präambel — nur noch ein Feigenblatt?

Da wir als Willensnation trotz allem aber irgendwie die Ahnung nicht loswerden — siehe Schweizerpsalm —, dass wir’s doch nicht so ganz alleine im Griff haben (siehe Corona), kupferten unsere Gründerväter in der sogenannten Präambel unserer Verfassung von der kostbarsten Kuhhaut unseres Landes ab, dem Bundesbrief von 1291. Dessen Anfangspassage gibt auf Deutsch einen seltsamen Reim her: IN GOTTES NAMEN. AMEN. (Als hätte es Notker Balbulus, genannt der Stotterer, gedichtet...)

Dies zeigt, dass wir als Basisdemokratie irgendwie den Draht zum Allerhöchsten doch nicht kappen möchten und gerne so tun, als ob wir die uns von IHM anvertraute Macht gewissenhaft zu verwalten bereit sind — aber uns von irgendwem dreireden lassen? Goht’s noh?!

So haben wir als weitere Feigenblätter dafür, dass wir ja gewillt sind, jemanden über uns zu haben, das mittlerweile umstrittene Prinzip eines siebenköpfigen Bundesrats, wo jede(r) einmal pro Jahr das Präsidium übernehmen darf, aber der höchste Schweizer ist der Nationalratspräsident, welcher der Bundesversammlung vorsteht (und wie immer gendergerecht das Ganze auch in weiblicher Form).

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Photo by Jeremy Bezanger / Unsplash

Dabei könnten wir uns an besagter Königin Elizabeth II ein gutes Beispiel nehmen: Gerade sie beruft sich bezüglich ihres Amtes ebenfalls auf nur eine Person als Auftraggeber — denselben Gott wie in unserer Präambel (muss sie ja wohl, da sie auch noch oberste Chefin der Anglikanischen Kirche ist). Somit ist eines der Geheimnisse um ihren spektakulären Dienst gelüftet: Demut.

Dies würde gewissen Schweizer Politiker*innen gut anstehen!

Und vergessen wir nicht: Die Queen war immerhin so nett, unseren praktischen Flughafenbahnhof (der «erste komplett unterirdische Bahnhof der Schweiz», wie der Zürcher Unterländer schrieb) bei dessen Eröffnung am 1. Juni 1980 einzuweihen .

God save the Queen!

Ramon Baumann

Ramon Baumann

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